Fachbereich 7
Feldsäume gehören zu den letzten verbliebenen Lebensräumen für Wildpflanzenarten in der Agrarlandschaft. Aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zu den bewirtschafteten Flächen kann jedoch ihre Vegetation durch den Eintrag von Agrarchemikalien beeinträchtigt werden. Das Ziel dieser Arbeit war es die Einzel-, und Kombinationseffekte von Herbizid-, Insektizid- und Düngereinträgen auf die Pflanzengemeinschaft eines Feldsaums zu untersuchen. Es wurde ein 3-jähriges Freilandexperiment mit einem randomisierten Blockdesign, bestehend aus 7 Behandlungen (H: Herbizid, I: Insektizid, D: Dünger, H+I, D+I, D+H, D+H+I) und einer Kontrolle mit jeweils 8 Replikaten (= Parzellen), auf einer Wiese durchgeführt. Die Parzellen hatten je eine Größe von 8 m × 8 m und waren durch 2 m breite Wege voneinander getrennt. Die für die Behandlung der Parzellen verwendeten Dünger- (25 % der Feldrate) und Pestizidraten (30 % der Feldrate) entsprachen realistischen Eintragsraten (Überspritzung + Abdrift) in den ersten Meter eines Feldsaums in Nachbarschaft zu einem Getreidefeld.
Die Studie zeigte, dass Dünger- und Herbizideinträge wesentliche Faktoren darstellen, welche die natürliche Pflanzengemeinschaft in Feldsäumen beeinflussen. 20 der 26 häufigsten auf der Wiese vorkommenden Arten zeigten signifikante Effekte durch die Dünger- und Herbizidbehandlung. Die Düngung förderte stickstoffliebende Pflanzenarten und reduzierte das Vorkommen von kleinwüchsigen Arten. Durch das Herbizid wurden drei Pflanzenarten bereits im ersten Jahr fast vollkommen verdrängt, während andere Arten hauptsächlich subletale Effekte (z.B. phytotoxische Effekte, eine bis zu 100 % reduzierte Samenproduktion) vorwiesen. Werden Feldsäume allerdings über mehrere Jahre Agrarchemikalien ausgesetzt, führen auch diese subletalen Effekte (insbesondere Effekte auf die Reproduktion) zu einer Reduzierung der Populationsgröße, wie in dem Feldversuch beobachtet werden konnte. Die Kombinationsbehandlung von Dünger und Herbizid führte zu signifikanten Interaktionseffekten, welche sich nicht von den Effekten der Einzelbehandlungen extrapolieren ließen. Die Dünger- und Herbizideffekte intensivierten sich über den Untersuchungszeitraum, führten nach 3-jähriger Anwendung zu einer Veränderung in der Pflanzengemeinschaft, und reduzierten die Pflanzendiversität um 15 % im Vergleich zur Kontrolle. Das Insektizid wirkte sich signifikant auf das Vorkommen von zwei Pflanzenarten aus (1 positiver, 1 negativer Effekt). Die Ergebnisse des Feldversuchs lassen darauf schließen, dass eine fortführende Behandlung zu weiteren Gemeinschaftsveränderungen und wahrscheinlich auch zum Verschwinden bestimmter Pflanzenarten führen würde. Es war eine Tendenz zur Ausbildung von Gras-Dominanzbeständen zu erkennen, welche einen Verlust von Blütenpflanzen mit sich brachte. Dies konnte auch in eigenen Monitoringstudien in Feldsäumen beobachtet werden.
Zwar zielt die Risikobewertung von Herbiziden darauf ab Nichtziel-Pflanzen in Habitaten außerhalb des bewirtschafteten Feldes vor nachteiligen Auswirkungen zu schützen, Reproduktionseffekte und Kombinationseffekte werden bisher jedoch nicht berücksichtigt. Zudem gibt es keine Regelungen zur Düngeranwendung in Nachbarschaft zu Feldsäumen, weshalb Düngereinträge in Feldsäume und deren Interaktion mit Herbizideffekten sehr wahrscheinlich sind.
Anpassungen der derzeitigen Risikobewertung, eine Entwicklung von Risikominderungsstrategien für die Herbizid- und Düngerapplikation, sowie generelle Managementmaßnahmen für Feldsäume sind daher dringend notwendig, um die Pflanzendiversität in Feldsäumen zu erhöhen und zu schützen.
Etwa 50 % der Fläche Europas werden landwirtschaftlich genutzt. Dennoch gibt es nahezu keine Information ob Fledermäuse diese Flächen beispielsweise zur Nahrungsaufnahme nutzen. Aufgrund der limitierten Datenbasis mangelt es auch an Schutzkonzepten, die mögliche negative Effekte der landwirtschaftlichen Intensivierung auf die Fledermäuse und deren Nahrungsgrundlage ausgleichen könnten. Da die Exposition von Fledermäusen mit Pflanzenschutzmitteln bislang nicht thematisiert wurde, sind im europäischen Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel keine Risikoabschätzungen für Fledermäuse gefordert. Um für Fledermäuse die mögliche Exposition gegenüber Pflanzenschutzmitteln abschätzen zu können, sind Informationen über Vorkommen und Aktivität von Fledermäusen in landwirtschaftlich genutzten Flächen erforderlich. Die Erfassung von Fledermäusen auf einer Vielzahl von Flächen machte es notwendig sich im Vorfeld auf eine geeignete Methodik festzulegen. Die akustische Fledermauserfassung ist im Gegensatz zu deutlich zeitaufwändigeren Methoden wie Netzfang, Telemetrie oder direktes Beobachten die einzige logistisch durchführbare Methode. In der wissenschaftlichen Literatur werden jedoch bei vielen bisher durchgeführten akustischen Methoden Bedenken bezüglich der Berücksichtigung zeitlicher und räumlicher Varianz und der Eignung der verwendeten Detektorsysteme geäußert. Deshalb wurden verschiedene Methoden und Detektorsysteme verglichen und das parallele Beproben mit mehreren stationären und kalibrierten automatischen Aufnahmesystemen als die am besten geeignete Methode zur verlässlichen und vergleichbaren Fledermausaktivitäts-Erfassung befunden.
Mit dieser Methode wurden die Fledermaus-Diversitäten und Aktivitäten in verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturen, Wiesen und Wäldern aufgenommen. Außerdem wurde gleichzeitig die Verfügbarkeit von fliegenden Insekten (potentieller Fledermausbeute) mit Licht- oder Klebefallen erfasst. In mehr als 500 Erfassungsnächten wurden circa 110,000 akustische Fledermaus-Rufsequenzen und nahezu 120,000 nachtaktive Insekten gesammelt. Insgesamt wurden 14 Fledermausarten nachgewiesen, darunter die im Gebiet sehr seltene und stark bedrohte Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii) und die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellum). Alle Arten wurden auch auf landwirtschaftlich genutzten Flächen detektiert.
Die Landwirtschaft im südlichen Rheinland-Pfalz ist durch Weinanbau geprägt. Die Untersuchungen zeigten, dass Weinberge aufgrund der geringen Verfügbarkeit an kleineren nachtaktiven Insekten für die meisten Fledermausarten nur eine geringe Qualität als Jagdgebiet haben. Ein weiterer paarweiser Vergleich von Weinbergen und benachbarten Regenrückhaltebecken bezüglich Nahrungsverfügbarkeit und Fledermausaktivität zeigte, dass Regenrückhaltebecken wichtige Nahrungshabitate im Weinbaugebiet darstellen. Das Anlegen dieser künstlichen Kleingewässer ist somit eine geeignete Methode um Nahrungshabitate für Fledermäuse zu schaffen und damit den negativen Effekten der konventionellen Landwirtschaft hinsichtlich der Nahrungsverfügbarkeit entgegenzuwirken. In anderen landwirtschaftlichen Kulturen wurden mit den parallel untersuchten Wald- und Wiesenhabitaten vergleichbar hohe Insektenvorkommen und Fledermausaktivitäten nachgewiesen. Besonders hohe Fledermausaktivitäten so wie eine besonders hohe Verfügbarkeit von geeigneten Nahrungstieren wurden in Apfelplantangen und Gemüsefeldern gemessen. Da diese beiden Kulturen hohem Pestizidaufwand unterliegen, kann eine Exposition von Fledermäusen gegenüber Pflanzenschutzmitteln dort nicht ausgeschlossen werden. Um das zurzeit verwendete Verfahren zur Risikoabschätzung von Pflanzenschutzmittel-anwendungen auf Vögel und Säuger auf Fledermäuse zu übertragen, wurden nach Applikation eines Insektizides dessen Rückstände auf Fledermaus-artspezifischen Beuteinsekten gemessen. Parallel dazu wurde die Fledermausaktivität erfasst. Die höchsten Pestizidrückstände wurden auf kronenbewohnenden Insekten und Spinnen nachgewiesen. Die darauf basierende Risikoabschätzung deutet auf ein Langzeitrisiko für alle Fledermausarten, die sich wenigstens zum Teil von kronenbewohnenden Arthropoden ernähren, hin. Das Vorkommen von Fledermäusen in landwirtschaftlichen Flächen, die einen Großteil der europäischen, aber auch der weltweiten Fläche ausmachen, führt je nach Kultur zur Exposition von Fledermäusen durch kontaminierte Nahrung oder zu einer Verringerung von Beuteinsekten. Bisher konzentrierten sich Schutzbemühungen auf die Sicherung von Winterquartieren und die Bereitstellung künstlicher Tagesquartiere. Potentielle Effekte von Pflanzenschutzmitteln auf Agrarflächen haben aber möglicherweise einen entscheidenden Einfluss auf die Populationsgrößen von Fledermausarten die in diesen Gebieten vorkommen. Aus diesem Grund sollten die Effekte von Pflanzenschutzmitteln auf Fledermäuse untersucht werden, insbesondere bei der Risikoabschätzung im Pflanzenschutzmittel-Zulassungsverfahren.